Ist mobiles Lernen die Zukunft des E-Learning?

Derzeitig kommt der geneigte Computerbenutzer an einem Thema nicht vorbei: Digitale, mobile Endgeräte. Es ist ausgeschlossen, nicht tagtäglich auf dieses Thema hingewiesen zu werden. Sei es durch das Erscheinen von neuen Endgeräten oder der permanente Vertrieb von Apps in den Medien. Unabhängig von der persönlichen Einstufung dieser zahlreichen Werbekampagnen stellt sich zwangsläufig die Frage: Wird die Zukunft des E-Learnings sich auf das mobile Lernen verschieben?

Hier scheiden sich die Geister:

JA! – das mobile Lernen ist die Zukunft des E-Learnings

Ortsunabhängigkeit

Der User wird nicht mehr gezwungen sein, an seinem Arbeitsplatz zu sitzen, um lernen zu können. Er kann sich in den Garten setzen, oder – besonders attraktiv – Warte- und Fahrtzeiten sinnvoll nutzen.Die langweiligste Zugfahrt wird verkürzt und der Lernen erfährt so noch wichtige Informationen.

Der Image-/Motivationsfaktor

Wie motivierend wirkt es, wenn der Mitarbeiter mit seinem firmenneuen mobilen Endgerät den öffentlichen Nahverkehr nutzen kann. Nicht mehr mit Papierstössen im Bus sitzend, sondern das cool aussehnde Gerät in den Händen haltend. Die Mitarbeiter werden sich viel wichtiger fühlen und dementsprechend motivierter ans Lernen gehen. Zusätzlich können nebenher auch noch firmeninterne Gespräche mit den Kollegen geführt werden.

Einfache Produktion

Führende Rapid E-Learning-Tools bieten Ihnen die automatische Anpasung auf mobilen Grössen an. Sie erstellen also das Training für den normalen Arbeitsrechner. Anschliessend machen Sie noch 5 Klicks, warten 10 Sekunden und schon in das mobile E-Learning fertig. Sie haben also einen vernachlässigbaren Zusatzaufwand und können somit die Lerner an den mobilen Geräten und den stationären Rechnern mit Content versorgen.

NEIN! – das mobile Lernen wird nie das Lernen am Arbeitsplatz ersetzen

Ortsunabhängigkeit

Die angepriesene Option „Überall Lernen“ kann auch zum Nachteil werden. Das Lernen und Lesen während einer Fahrt ist irgendwie auch Arbeitszeit, oder? Aber können Sie diese Arbeitszeit auch später anrechnen lassen? Zum Beispiel eine Viertelstunde später erscheinen, weil man auf dem Heimweg noch etwas gelernt hat? Schwierig – ich möchte hier das Ganze nicht aus arbeitsrechtlicher Sicht betrachten, sondern nur aus rein zwischenmenschlicher Sicht; denn mit solchen Forderungen könnten schnell Disonanzen am Arbeitsplatz entstehen. Der Arbeitsgeber sieht es zwar gerne, dass die Mitarbeiter sich bilden; ob er ausserhalb der Firmenarbeitszeit hierfür \“Vertrauenslernzeit\“ bereitstellen möchte, steht aber auf einem anderen Blatt.
Auch Ihr Arbeitgeber weiss: In öffentlichen Verkehrsmitteln ist es unter Umständen recht schwierig, sich zu konzentrieren. Eine gewisse Ablenkung wird immer da sein, egal wie sehr Sie sich auch anstrengen. Die Zeit, die Sie zur Wiedererlangen der Konzentration benötigen, müssen Sie dann immer zu der bisherigen Lernzeit addieren.

Der Image-/Motivationsfaktor

Der Imagefaktor ist natürlich vernachlässigbar, obwohl es bestimmt die Freude der Arbeitnehmer steigert, wenn die Firma mobile Endgeräte zu Lernzwecken austeilt. Der kurze Zyklus von neuen Produktversionen sorgt dafür, dass der Arbeitgeber eigentlich jedes Jahr neue Geräte anschaffen muss. Das dürfte jedoch schnell eine Kostenfrage werden.
Die Multi-Funktionalität birgt aber auch Gefahren: Dank moderner Apps kann man sich hervorragend die Zeit vertreiben. Ist der Lernstoff zu öde? Einfach ein Runde Angry Birds spielen! Die Versuchung, sich ablenken zu lassen, ist bei diesen Geräten wesentlich grösser als bei einem Lehrbuch; und Ablenkung schadet meist beim Lernen.

Einfache Produktion

Mobile Lernprogramme als Nebenprodukt des E-Learning für den Grossbildschirm, sorgen oftmals für eine lieblose Umsetzung. Reduzieren Sie nämlich eine Bildschirmapplikation von 1280×1024 auf eine kleinere Grösse, dann erzeugen Sie mit grosser Wahrscheinlichkeit kleine, oftmals unleserliche Bilder. Sollten Sie also ernsthaft Lerninhalte zum mobilen Lernen anbieten, dann sollten diese für die jeweilige Grösse Ihres Endgerätes optimiert werden. Aber da entsteht die nächste Schwierigkeit: Welche Grösse für welches Endgerät?

Apple Iphone 3: 640 x 480
Apple Ipad: 1024 x 768
Apple Iphone 4: 1280 x 720

und das bezieht sich jetzt nur auf die gängigen Apple-Grössen. Falls Ihre Firma nun aber als mobiles Endgerät Blackberries oder Android-Smartphones verwendet, müssen Sie wieder auf die Formate achten.

Hier zeigt sich dann das Problem: Verkleinern Sie automatisch die E-Learning-Projekte, dann haben Sie wenig Aufwand, aber nicht immer ein optimales Produkt. Verändern Sie nun die Trainings, indem Sie bereits bewusst auf diese Grösse optimieren, haben Sie schnell drei Projektdateien, die auf dem neusten Stand gehalten werden müssen; dass dies einen hohen zeitlichen Zusatzaufwand bedeutet, muss ich Ihnen nicht erläutern.

Fazit: Mobiles Lernen siehr auf den ersten Blick sehr praktisch aus; aber es entsteht schnell die Frage: \“Ist 30 min Lernen in der Bahn eigentlich Arbeitszeit?\“ Kann diese Lernzeit später als Überstunde geltend gemacht werden?. Sie werden einsehen, dass man hierüber geteilter Meinung sein kann. (vor allem vor dem Hintergrund, dass die äusseren Umstände die Lernkonzentration senken, und die Lernzeit nur wenig effektiv erscheint)

Persönliches Fazit: Zum freiwilligen Lernen als privater Zeitvertreib ist mobiles Lernen eine angenehme Sache. Für die grossflächige Umsetzung im Businessbereich sehe ich aufgrund der noch vorhandenen Schwierigkeiten (Arbeitszeitfrage, Endgerät, Wissenstandsüberprüfung) noch nicht, dass kurz- oder mittelfristig das mobile Lernen im Geschäftsbereich die bisherigen Lernformen ersetzt.

Bild: ©Gerd Altmann/ Pixelio.de

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